meines Bruders ist überstanden und war sehr schön. Standesamt, Sekt, Mittagessen, Kirche, Sekt, Torte, Essen, Rotwein, Darbietungen, Rotwein, Musik, Rotwein, Tanzen, Rotwein. Das Alles in Reichersbeuern bei Bad Tölz, erst im Standesamt, dann in der Dorfkirche, dann im grossen Saal des "Altwirt" samt Hirschköpfen und Holztäfelung. Lustig ist, dass es in jedem Dorf der Region zwei Gaststätten gibt, die immer Altwirt und Neuwirt heißen, ich und F. wohnten im Altwirt in Sachsenkam. In größeren Orten gibt es dann ersatzweise die Alte Post und die Neue Post.

Mein Bruder und seine Frau dann mit dem Nachtzug nach Venedig gefahren, im Schlafwagenabteil, das ich mir noch nie leisten konnte. Eine Hochzeitsreise, auf die ich zugegebenermassen neidisch bin, weil ich sie sehr stilvoll finde. Im Zweierabteil mit Kerzenschein und Champagner, das monotone Rattern des Zuges, morgens in Venedig...

Ich aber hier in Berlin zugeschüttet mit Arbeit, Referaten, Texten. Bis Montag muss ich einen vierseitigen freien Text abgeben, für ein Seminar, das ethnologische Schreibwerkstatt sein will, ich arbeite an einer Mischung aus Rezension, Gedanken und Empfindungen beim Lesen und flammendem Plädoyer. Das Ganze dreht sich um - genau - Hubert Fichte und zwar um seine Interviews, mit Jean Genet und mit den Protagonisten aus dem Palais d'Amour. Die Texte werden dann anonymisiertvon Redaktionsgruppen vorgestellt und besprochen, das treibt mich zu genauerem Umgang mit und mehr Arbeit am Text an.

Wo konnte man gleich noch das Zweitleben bestellen? Ich könnte eins brauchen...